Eröffnungsrede

zur Vernissage am 30. August im PARK HOTEL Ahrensburg
August, 2015

anlanden
Gemälde von Angela Zander-Reinert

Liebe Freunde der Kunst,

wenn wir uns im täglichen Leben in unserer Gesellschaft umsehen, erkennen wir: Es gibt Urteilsvermögen, es gibt Ordnung. Es gibt ständig die Notwendigkeit Ordnung und Strukturen zu schaffen.
Dabei werden Gefühle oftmals als etwas Vages und Sentimentales angesehen.
Es mag überraschend klingen, wenn ich sage, dass Gefühle auch ein Teil der feinsten Ebenen des Intellekts sind, vorausgesetzt, es ist genug ruhevolle Wachheit im Bewusstsein um diese Wirklichkeit erfahren und bewahren zu können.
Einige Künstler, mit denen ich im Kontakt bin, bestätigen mir diese Aussage als eine im kreativen Prozess immer wieder erfahrbare Realität.
Wenn ich nun etwas zu den Bildern von Angela Zander-Reinert sage, möchte ich in einer Art Rückwärtsbetrachtung den schöpferischen Prozess und die Künstlerin als Ausdrucks-Urheberin betrachten.

Die Gestaltung hängt ab vom Gestalter. Genauer gesagt von seiner künstle- rischen Grundhaltung, der Art seiner ureigensten subjektiven Sinneswahrneh- mungen, seinen Vorstellungen, Gefühlen und seiner Anwendung der handwerk- lichen Mittel in Bezug auf die von Ihm gewählte Ausdrucksform.
In der Regel verdeckt das Gestaltungsergebnis mehr oder weniger den vorangegangenen formenden Prozess und dieser wiederum verdeckt mehr oder weniger das künstlerische Anliegen.
Mit den Bildern von Angela Zander-Reinert haben wir es gut. Ihre Ausdrucks- formen offenbaren viel von der Art des Fühlens der Künstlerin und verbergen wenig von dem Formungsprozess.

In ihren Bildern können wir leicht den fließenden Rhytmus der Pinselschwünge nachvollziehen, können die Bildung der Farbtöne nachempfinden und uns gedanklich die Tektonik des Bildaufbaus erschließen. Vorzeichnungen, nach dem Prinzip: so viel wie nötig, so wenig wie möglich, sind da, um das großzügige Kompositionsbett für die Farbe zu bereiten. Der darauffolgende Malprozess überlagert sie. Der Hauptfarbklang wird von einer tonangebenden Farbe eröffnet, um sich während des Malens zu festigen oder zu ändern. Die rhythmisch gefügten Flächen modulieren den mehr oder weniger gegenstandsbezogenen Bildraum. An der Art der Linien, bzw. Konturen im Bild sehen wir, dass sie nicht direkt gezogen worden sind, sondern durch aktiv aneinandergrenzende Farbflächen entstanden sind. Die farbigen Flächen haben die Führung. Selbst die Pinselstriche wirken weitgehend flächig.
Die Künstlerin hat während dieser intensiven Gestaltung einen wachen lebendigen Intellekt, doch letztlich entscheidet das Gefühl als seine feinste Ebene. So, wie die Ufer an beiden Seiten eines Flusses das Fließen des Wassers leiten, so begleiten Reflexionen das Bewegen der Emotionen. Einheit im Bilde, inmitten aller Veränderungen entsteht, wenn alles Denken und Fühlen während des Gestaltens zueinander findet. Für mich erschließen sich die Bilder von Angela Zander-Reinert unmittelbar über das Fühlen. Dennoch kann auch das Verstehen von Ordnung schaffenden Bild- strukturen den tiefen Zugang fördern.
Der französische Maler Matisse äußerte einmal: “Die Linie repräsentiert mehr den Intellekt, die Fläche mehr das Gefühl“. Diese orientierende Verallgemeinerung hilft uns bei der Wertschätzung der Bilder von Angela Zander-Reinert. Eigenen Gefühlen Zeit und Raum zu geben um intensive Farben und Formen bilden zu können, entspricht der künstlerische Grundhaltung von Angela Zander- Reinert. Eines wird klar: Farben, die Gefühlen Ausdruck geben sollen, breiten sich bei ihr am besten als Flächen aus.
Während des Malens sammelt die Künstlerin ihre unwillkürlichen Reaktionen sowie spontane willkürliche Reaktionen zu einem Gesamtgefühl. Durch intensives Denken und Nachsinnen werden Gefühle und Impulsivität über eine spannungs- volle Komposition stabilisiert. Ihre leidenschaftliche Liebe zur Malerei setzt ihren Intellekt keineswegs außer Kraft.
Aufrichtiges wahrhaftiges Fühlen ist verfeinertes intensives Denken. Stellen wir uns Wellen auf dem Wasser vor. Es erfreut uns sie zu sehen und dabei wissen wir: wenn eine Welle mit größeren Tiefen des Wassers in Berührung kommt wird sie mächtiger und kraftvoller. So mancher Surfer hat das am eigenen Leibe zu spüren bekommen.
Genauso geschieht es in unserem Bewusstsein. Wenn sich ein Gefühl durch intensive innere Sammlung und durch äußeres Schaffen zu größeren Tiefen des Bewusstseins ausweitet, kann die zugrunde- liegende Emotion stärker und der entsprechende Ausdruck ausgeprägter werden. Aufmerksamkeit verstärkt das, worauf sie sich richtet.
Diese innere Sammlung der Künstlerin beim Malen verfeinert die Wechsel- beziehung der Farben und schafft zugleich prägnante Vereinfachungen der ent- stehenden Flächen-Formen. Wir sehen: Starke Farbe-an-sich Kontraste, mit feineren Farbbezügen moduliert und vehemente Pinselzüge gegründet in einer stabilen Kompositionsstruktur.
Angela Zander-Reinert macht unmittelbar Gefühltes, innere Regungen und Empfindungen durch das Ausdruckspotential der Farbe und des Farbauftrages sichtbar. In dem sie sich zwischen malerisch gegenständlichem Ausdruck und starker fortschreitend ungebundener farbiger Expression hin und her bewegt, lässt sie die sichtbare Wirklichkeit auf ihre Weise neu entstehen.
Ihr Ausdruck freudiger Lebhaftigkeit zeugt von ihrer offenen liebevollen Zuwendung zu der sie umgebenden Welt, im Atelier ebenso, wie auf Reisen. Ich erkenne eine expressive, fast romantische künstlerische Grundhaltung, die der emotionalen, subjektiven Innerlichkeit gewidmet ist. Ich fühle beim Betrachten ihrer Bilder eine Sehnsucht mit der sichtbaren Wirklichkeit eins zu werden, indem das Sichtbare als Anlass zum Ausdruck der eigenen Emotionalität erfahren wird.
Wir als Betrachter können eine Resonanz mit den Gefühlen der Künstlerin erleben, in der unser Fühlen die Führung übernimmt und unser Denken diesen Zustand bewahrt und beschützt.
In ihrer ausgeprägten Emotionalität liegt die bildnerische Kraft von Angela Zander-Reinert.

Ein Musiker sagte einmal: „Wenn Du über die Musik eine emotionale Ebene erreicht hast, spielt es keine Rolle mehr mit welchen musikalischen Formen oder Kategorien Du arbeitest. Es funktioniert einfach.“
Kommen Sie in Resonanz mit den Bildern. – „anlanden“ Sie. – Ich bin sicher, es funktioniert.

Viel Freude dabei!

Karl-Ernst Gaertner

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